Schulen-übergreifende Therapie

10.09.2019

... hier fließen mehr als nur eine Methodenkompetenz in die therapeutische Arbeit ein. Es ergibt sich ein methodisches Repertoire, das abgestimmt auf Klienten, eine spezifische Problematik und den Therapieverlauf variierend zum Einsatz kommt. Dabei stütze ich mich nicht auf proklamierte "Wahrheiten", wie sie von den Psychotherapie-Schulen im wissenschaftlichen Sinne aufgestellt wurden. Vielmehr schätze ich es, dass mir unterschiedliche Theorien interessante Ansätze für die therapeutische Arbeit bieten. Völlig pragmatisch nutze ich die Perspektiven unterschiedlicher Konzepte und betrachte sie als >Landkarten<. Meiner ganzheitlichen Arbeit liegt dabei immer ein humanistisches Menschenbild zugrunde.

 

"Das Verführerische an Konzepten ist, dass man meinen könnte, nun wisse man >alles<. In Wahrheit hat man bestenfalls einigermaßen brauchbare Landkarten, oft erweisen diese sich aber unterwegs als sehr ungenau." 

(Luise Resddemann, Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie, S. 88)

 

Als ich diesen Satz von Luise Reddemann las, machte mein Herz einen kleinen Freudensprung. Ich fühlte mich durch diese große Spezialistin bestätigt in meiner Sicht- und Arbeitsweise, wie ich sie während der letzten Jahre in meiner Praxis entwickeln durfte. Die wichtigsten Aspekte einer schulenübergreifenden Therapie in meiner Praxis möchte ich Ihnen nun näher beleuchten. Doch zunächst ein paar Worte zur Differenzierung der Begriffe >schulenübergreifend< und >ganzheitlich<.

 

In den letzten Jahrzehnten waren bei den Richtlinienverfahren (von den Krankenkassen zugelassene Verfahren) tendenziell ernste Bestrebungen zu beobachten, den wissenschaftlichen Reduktionismus des cartesianisch mechanischen Menschenbildes zu überwinden und ganzheitlicher zu werden. Diskussionen über Embodiment trieben solche positiven Entwicklungen voran. "Nach der >kognitiven<, >emotionalen< und >achtsamkeitsbasierten< Wende in der Verhaltenstherapie könnte man das Einbeziehen des Embodiment-Konzeptes der VerhaltenstherapeutInnen [...] als deren vierte große Wende bezeichnen," schreibt Otto Hofer-Moser (integrativer Psychotherapeut) in seinem aktuellen Buch (1919) "Leibtherapie, eine neue Perspektive auf Körper und Seele", (S. 109). Auch die Einflüsse aus der Positiven Psychologie rückte die verhaltenstherapeutische Schule dem humanistischen Menschenbild näher. Daneben öffnete sich die psychoanalytische Schule zunehmend für systemische Denkansätze, z.B. der Theorie der Biosymbiotik (Üxeküll), wo der Mensch im Konfliktfeld der unterschiedlichen individuell verinnerlichten Symbolbedeutungen gesehen wird. Das ist alles sehr interessant!

 

Auf mich machen diese Entwicklungs-Tendenzen den Eindruck, als näherten sich die großen Psychotherapieschulen immer mehr einander an. Sie integrierten neue Erkenntnisse aus der Biologie (Varela u.v.m.) und Neurophysiologie (Grawe). Wunderbar sollte man meinen! Doch leider sind wir von wissenschaftlichen Polylogen (eine Zusammenarbeit von wissenschaftlichen Fachrichtungen) noch immer weit entfernt. Stattdessen ist Konkurrenz und Lobbyismus der großen Schulen die Norm, und es werden weiterhin vor allem die Unterschiede betont. Statt Kooperation zu pflegen, geht es im Wissenschaftsbetrieb weiterhin um Macht und Überlegenheit, um Professuren und Einflussbereiche (gemäß dem westlichen Denksystem und entgegen einem ganzheitlichen Denken).  

 

In Anbetracht solcher Tendenzen möchte ich an dieser Stelle betonen, dass schulenübergreifende Arbeit für mich als Heilpraktikerin ganz sicher keine Frage der Ganzheitlichkeit ist! Denn eine Methodenvielfalt in meiner Praxisarbeit steht überhaupt nicht für ein Streben nach Vollständigkeit - das wäre eine vollkommene Verfehlung des Verständnisses von Ganzheitlichkeit. Schulenübergreifende Psychotherapie darf auch nicht als ein eigenständiges Psychotherapieverfahren missverstanden werden. Meine Arbeit profitiert aus den Errungenschaften der Richtlinenverfahren. Sie ist daher der pragmatische Ansatz von Methoden-Varianz, womit ich mich mit meinem therapeutischen Angebot auf die Bedürfnisse meiner Klienten einstellen und mich an deren Problematik anpassen kann, und nicht etwa von meinen Klienten erwarte, dass sie sich an eine einzige Arbeitsmethode anzupassen haben. Eine Methodenvielfalt hat sich im Behandlungsprozess als sehr nützlich erwiesen, um den individuellen Bedürfnissen von Problemen gerecht zu werden, und das hat sich nicht nur bei der Arbeit mit Jugendlichen bewährt.

 

Für mein Verständnis von Psychotherapie und Heilung liefert Focusing (nach Eugen T. Gendlin) den entsprechend theoretischen Hintergrund. Dieser bezieht den Körper mit ein und beschreibt eine prozessorientierte Psychotherapie, wie ich sie schulenübergreifend praktiziere, an anderer Stelle ganzheitliches Fokussieren genannt habe. Übrigens kam die Psychoanalytikerin Wilma Bocci mit ihrer multiplen Codierungstheorie zu ganz ähnlichen Betrachtungen wie Gendlin seinerzeit; allerdings hat diese Theorie noch nicht Fuß gefasst in der Psychoanalytischen Schule. Das ganzheitliche Fokussieren ist also der Kern meiner therapeutischen Arbeit. Klienten werden zu inneren Entwicklungen angeregt. Denn ich meine, dass nicht in erster Linie die Therapeutin die Problematik analysiert und verstanden haben muss - sondern es muss darum gehen, dass meine Klienten ihren eigenen Weg und ihre eigenen (Be-)Deutungen finden können. Natürlich habe ich dabei auch Hypothesen und tappe psychologisch nicht völlig im Dunkeln. Doch ist es dann nicht so, dass ich von diesen Hypothesen geleitet werde, sondern vielmehr folge ich dem Reflektions- und Bedürfnisprozess meiner Klienten. Mit Methodenvielfalt ist es möglich, individuell auf das Problem professionell abgestimmt einzugehen. Ob ich nun kognitiv verhaltenstherapeutisch, systemisch oder mit einem  erlebnisorientiert gestalttherapeutischen Ansatz anrege, ob ich Verständnis erweiternd in die Tiefe führe, stabilisierend oder im Sinne eines verbesserten Selbstmanagements arbeite - durch einen schulenübergreifenden Arbeitsansatz in der Psychotherapie bin ich gerüstet für unterschiedlichste Störungen, um eine ambulante Behandlung flexibel und korrekt durchführen zu können.

 

Aspekte der Ganzheitlichkeit sollen hier nicht hervorgehoben werden, vielfältig habe ich sie an anderer Stelle erörtert. Für die Qualität meiner schulenübergreifenden Arbeit bilde ich mich immer weiter fort.

 

 

Schulen-übergreifend arbeite ich:

 

 

 

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