Schematherapie integriert

13.08.2018

 

Schematherapeutische Behandlung ist in meiner Praxis möglich. Ich möchte sie Ihnen anhand von zwei *exemplarischen Fällen erläutern:

 

Stefanie ist 36 Jahre alt und in der Versicherungsbranche tätig. Sie hat immer wieder große Schwierigkeiten mit Prüfungssituationen. Präsentationen am Arbeitsplatz bescheren ihr schlaflose Nächte. Auch im Kontakt mit Kunden und Vorgesetzten kommt es vor, dass sie sich plötzlich und unvermutet furchtbar klein fühlt. Manchmal rutscht ihr dabei regelrecht der Boden unter den Füßen weg. Solche emotionalen Zustände bringen sie nicht nur innerlich ins Schwimmen, es kommt bei Stefanie manchmal zu unangemessenen Reaktionen, die auf andere völlig überzogen wirken. Aufgrund solcher Schwierigkeiten hat sie schon mehrmals die Abteilung wechseln müssen. Stefanie leidet unter vielfältigen Ängsten, obwohl sie als ausgesprochen taffe Person auftritt. Mit ihrer etwas "ruppigen" Art kann sie sich zwar recht gut durchsetzen, im zwischenmenschlichen Kontext verprellt sie sich jedoch viele Sympathien.

 

Der 49 jährige Klaus ist schon länger geschieden und lebt seit 2 1/2 Jahren in einer neuen Partnerschaft. Auch beruflich läuft es inzwischen wieder gut. Vor 12 Jahren hat er ein abhängiges Trinken erfolgreich überwunden und lebt seitdem konsequent alkoholabstinent. Er hat seither vieles in seinem Leben richtig gut hingekriegt. Und dennoch rutscht er immer wieder völlig grundlos in regelrechte "schwarze Löcher". Dann verkriecht er sich hinter seinen Computerspielen und ist unausstehlich. Es heißt, er habe eine depressive Störung, sei ein sogenannter "Rappid Cycler". Doch alle Therapieversuche, auch medikamentöse, haben ihn bisher nicht weitergebracht. Mit intensivem Laufsport kann er innerlichen Druck kompensieren, wirklich ausgeglichen sei er jedoch noch nie gewesen. Dabei hätte er jetzt allen Grund dazu glücklich zu sein! Doch mit dieser Launenhaftigkeit bringt er sein bisher Erreichtes ernsthaft in Gefahr. Denn immer wieder gibt es mit der neuen Partnerin jetzt Streit. Sie wirft ihm seinen Rückzug vor, leidet unter seinen impulsiven Stimmungen, kenne ihren Klaus so gar nicht mehr. Sie erlebe ihn dann gefühlskalt, abweisend und unerreichbar für sie. Ohne mehr Gemeinsamkeit, wenigstens an den Wochenenden, kann sie sich eine Zukunft mit Klaus nicht vorstellen und hat über eine Trennung nachgedacht.

 

 

 

Klaus und Stefanie leiden beide unter einer "Lebensfalle", einem immer wiederkehrenden emotional erlebten Muster, auf das sie scheinbar überhaupt keinen Einfluss nehmen können. Sie fühlen sich diesem Zustand - Schema genannt - regelrecht ausgeliefert. Manchmal gibt es für sie äußere Auslöser, manchmal geraten sie aber auch ohne erkennbare Ursachen in diese Verfassung. Je mehr sie versuchen, ihre Gedanken, Gefühle und ihr Verhalten zu kontrollieren, umso schwieriger wird es erfahrungsgemäß. Aus derartigen Kompensationsversuchen resultieren problematische Verhaltensweisen - Modus genannt - unter denen nicht nur die Betroffenen selbst, sondern besonders auch ihr Umfeld häufig zu leiden hat. In der Schematherapie geht es um die Behandlung solcher Zustände (Schemata), bzw. um die Behandlung der Verhaltensweisen (Modus), welche damit verbunden sind. Das können z.B. auch Essanfälle sein. Die Schematherapie wurde (2005) von Jeffery E.Young entwickelt und ist eine psychodynamisch verhaltenstherapeutische Methode.

 

Im Schemacoaching kann ich mit den Methoden der Schematherapie behandeln. Dieses Coaching-Format wird mit Interventionen des NLP, der Gestalttherapie und stabilisierenden Imaginationen aus der Traumatherapie kombiniert und ist von Dr. Anke Handrock entwickelt worden. Der Behandlungsprozess wird intensiv ressourcen- und zielorientiert gestaltet. Fokaltherapie ist bei mir eine Kurzzeittherapie nach diesem schematherapeutischen Konzept. Dabei wird an einem Fokus (Thema) festgehalten. Sowohl das Schemacoaching, als auch die Fokaltherapie beginnen mit einem intensiven Ressourcenaufbau. Beim Schemacoaching sollte ich eine ausreichend emotionale Stabilität voraussetzen oder erarbeiten können; ansonsten muss ich mit einer Fokaltherapie fortfahren, oder sogar auf das Langzeitkonzept der Schematherapie verweisen. Wenn eine Indikation zur Therapie-Variante besteht, gewährleistet sie eine längerfristige, therapeutisch festigende Begleitung (auch "Nachbeelterung" genannt).

 

In vielen Fällen kann bereits eine Schemaberatung erkennbare Veränderungen erbringen. Die Beratung zielt darauf ab, Einblicke in die psychologischen Hintergründe des Problems zu eröffnen. Bei einer Schemaberatung arbeite ich aufklärend und schaffe mit möglichst viel Transparenz ein erstes Verständnis für die zugrundeliegende Psychodynamik. Anschauliche Modelle wie die " Moduslandkarte" erweisen sich dabei unterstützend. In manchen Fällen kann dadurch bereits eine erste Veränderung initiiert werden. Ansonsten kann eine Schemaberatung auch der fundierte Einstieg in ein Schemacoaching oder eine nachfolgende Fokaltherapie sein.

 

 

 

Zurück zu den beiden *exemplarischen Fällen:

 

Stefanie hat in der Fokaltherapie erkannt, dass sie mit dem Beziehungsstil ihrer "ruppigen" Art unbewusst ihre Verletzlichkeit, sich selbst schützen möchte. Der Preis, den sie für diese Defensive zahlt, ist der Verlust von nahen Beziehungen und vertrauensvollen Kontakten. In der Therapie stellt sich die Frage, was Stefanie alternativ zu ihrem Schutz entwickeln, und wie sie mehr Nähe zulassen kann? Sie arbeitet daran, wie sie mit dem Zustand des sich Kleinfühlens, also mit "der kleinen Steffi", angemessen umgehen kann. Mit Methoden aus der Gestalt-, sowie der Ego-State Therapie lernt Stefanie, wie sie den kindlichen Persönlichkeitsanteilen in sich und ihren Bedürfnissen gerecht werden kann. Die Therapie regt sowohl fehlende, als auch aktualisierende Entwicklungen der ganzen Persönlichkeit an. Das wird auch positive Auswirkungen auf Stefanies Ängste und ihrem Umgang mit Prüfungssituationen haben. Stefanie realisiert, dass sie die Erfahrung einer längeren therapeutischen Prozessbegleitung benötigt und ein Coaching, das nach nur wenigen Sitzungen abgeschlossen wäre, ihr nicht ausreicht.

 

Klaus hat sich nach zwei konstruktiven Paargesprächen auf ein Schemacoaching eingelassen. Über den Partnerschaftserhalt hinaus formulierte er sein persönliches Ziel, als "fitter Erwachsener" mit seinen inneren aggressiven Zuständen besser umgehen zu wollen. Auch Zustände großer innerer Leere resultieren bei ihm aus einer frustrierenden Kindheit, die er in mehreren Therapien zwar schon erörtert, diesen Erkenntnissen jedoch bisher nichts Ausreichendes entgegensetzen konnte. Im Schemacoaching mit Kombination einiger DBT-Skills kann er sein bisheriges Repertoire (einseitig exzessiver Laufsport und Computerspiele) deutlich erweitern. Er kann erste Ansätze eines wohlwollenden Umgangs mit sich selbst und seiner Partnerin entwickeln. Dabei gewinnt er sogar die Einsicht, dass sein Spielen bereits suchtartigen Charakter angenommen hat, und damit kein echter Skill, sondern Vermeidung und Kompensation darstellt. Er ist froh, einen anderen Weg einschlagen und diesen Sog hinter sich lassen zu können. Besonders Interventionen aus dem NLP und der Positiven Psychologie fördern ihn darin, destruktive innere Überzeugungen (über sich selbst und die Welt) korrigieren und damit sein Selbstwertgefühl kontinuierlich wachsen zu lassen. Im Coaching können wir auf viele seiner reichhaltigen Ressourcen und bisherigen Therapieerfahrungen aufbauen, so dass bei Klaus trotz ausgeprägter Kindheitsentbehrungen keine längere therapeutische Begleitung nötig ist.

 

 

(* Die exemplarischen Fälle in diesem Text sind selbstverständlich nicht mit realen Personen identisch; Namen und Kontexte sind beliebig, Rückschlüsse durch personenbezogene Angaben sind an keiner Stelle gegeben zu Klienten von mir oder anderen realen Personen; insofern handelt es sich hier um rein fiktive Personen zur simplen Falldarstellung.)

 

 

 

Bild zur Meldung: Schematherapie integriert